Es gibt Situationen, da werden „durch einen Federstrich des Gesetzgebers ganze Bibliotheken zu Makulatur“. Das ist nun zum Jahreswechsel geschehen.
Der Bundestag hat mit dem 4. Bürokratienentlastungsgesetz eine Änderung der Formvorschrift vorgenommen, die sich unmittelbar auf die Wirksamkeit der befristeten Pachtverträge auswirken wird. Ziel des Gesetzgebers war eine Vereinfachung...
Inwieweit dies tatsächlich die Verfahrensweise zur Sicherung langfristiger Pachtverträge vereinfacht, bleibt abzuwarten. Es gibt gute Gründe, die Erfahrungen zu bisherigen „Bürokratienentlastungen“ auch hier im Hinterkopf zu behalten…
Was gilt ab dem 01.01.2025:
Die Formvorschrift für (Agrargenossenschaften so wichtige) befristete Pachtverträge lautet nunmehr:
§ 585a BGB
Wird der Landpachtvertrag für längere Zeit als zwei Jahre nicht in Textform geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit.
Was heißt „Textform“?
§ 126 b BGB
Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
- es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
- geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
Was heißt das für:
Bestehende Verträge: Für bestehende Verträge (vor dem 01.01.2025 abgeschlossen oder verlängert, verändert, angepasst etc.) ändert sich an der Beurteilung der Rechtslage nichts. Das Gesetz bestimmt hier zudem eine Übergangsfrist für bestehende Verträge zur Beurteilung der Rechtswirksamkeit bis zum 01.07.2026,
Neue Anpassungen: Hier gilt das neue Recht, Textform ist ausreichend, kann aber ohne weiteres auch durch (die sicherere) Schriftform abgesichert werden,
Neue Verträge: Hier gilt das neue Recht, für den Vertragsschluss ist die Textform ausreichend; Schriftform ist „besser“.
Was heißt das konkret?
Es bedarf nicht mehr der persönlichen, eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien auf einem Dokument, das heißt, der Vertragsschluss kann auch durch zugegangene, lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (mindestens für Vertragslaufzeit) erfolgen, der die Erklärung unverändert wiedergeben kann (USB-Stick, CD-ROM, DVD, E-Mail)
Zusätzlich muss aus dieser Erklärung der Person des Erklärenden (Faksimile, Nennung Absender) und Erkennbarkeit des Rechtsbindungswillens deutlich werden.
Woraus können, woraus werden Probleme entstehen?
Die Bezugnahme der Zustimmungserklärung zum Vertrag muss wie bisher auch die Bezugnahme zum Inhalt des Vertrages aufweisen. Das heißt, etwa eine kurze lapidare Mail des Landeigentümers: „können wir gern so machen“ ist nur dann brauchbar, wenn aus dergleichen Mail auch der eigentliche Vertragstext deutlich wird, etwa durch den Mailverlauf.
Wenn man bedenkt, wie leicht Mailadressen zu generieren sind und wie schwierig eine rechtssichere Zuordnung des Absenders ist, erscheint die nun gewählte Formvorschrift nicht wirklich als Erleichterung. Der Kommentar des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren dazu war vielsagend: „die Textform ist als qualifizierte Formlosigkeit zu betrachten“.
Was kann aktuell den Agrargenossenschaften für Pachtvertragsangelegenheiten empfohlen werden?
- Der Sinn der neuen Formvorschrift kann allenfalls in einer Vereinfachung des Rechtsverkehrs zum Abschluss des Vertrages gesehen werden.
- Offen bleibt allerdings, inwieweit praktisch mit einer Mail der Vertragsschluss dokumentiert werden soll, wenn die Beweisfunktion der „Einheitlichkeit“ der Urkunde trotzdem weitergilt, siehe oben. Deshalb in Mails immer den aktuellen Vertragsentwurf als pdf anfügen.
- Empfehlung: Soweit machbar, für den Vertragsschluss selbst bitte bei der Schriftform bleiben.
- Im Herbst die Winterschulung zum Pachtrecht nutzen. Wir werden über das Jahr dazu Verfahrensvorschläge unterbreiten.